Unsere Geschichte
Der Eckstein der heutigen Profile gemeinnützige GmbH wurde mit der Gründung des „Verein zur Betreuung psychisch Kranker e.V.“ in der Gründungsversammlung vom 08. März 1973 in Gießen gesetzt. Diese Gründung war gleichzeitig der Auftakt der gemeindenahen Psychiatrie im Landkreis Gießen und im Lahn-Dill-Kreis. Anlass war die Kritik an der damaligen Versorgung von psychisch erkrankten Menschen.
Das erste sozialpsychiatrische Projekt wurde 1974 in Form eines Wohnheims mit einer Maximalbesetzung von 14 Betreuungsplätzen in der Bahnhofstrasse Gießen umgesetzt. 1977 folgte die erste Betreute Wohngemeinschaft und 1980 der Umzug des Wohnheims nach Klein-Linden. Die Platzzahl erweiterte sich hier auf 40. Neben der psychosozialen Betreuung gewann der Bereich der Tagesbeschäftigung im Rahmen der ergotherapeutischen Angebote zunehmend an Bedeutung. In der Folge wurden weitere Wohngemeinschaften und ein zweites Wohnheim gegründet, der Aufbau einer Werkstatt initiiert, und das Betreute Wohnen in Gießen und im Lahn-Dill-Kreis etabliert.
1990 eröffneten wir die erste Tagesstätte für psychisch erkrankte Personen in Gießen. Heute betreiben wir drei Tagesstätten und ein Begegnungszentrum. Eine der Tagesstätten wird in Kooperation mit einem Biobauernhof betrieben.
Mit dem in 2020 fertig gestellten Neubau „Haus am Philosophenwald“ und dem hier integrierten neu entstandenen Geschlossenen Wohnbereich bieten wir nun eine Vielfalt abgestufter Wohn- und Betreuungsmöglichkeiten an.
Unsere Grundhaltung
vom 15.03.2022
Wohnen in der geschlossenen Unterbringung (GU) – Frau T.
Ich wohne seit dem 18. Dezember 2019 im Wohnheim der Profile gGmbH in einer geschlossenen Unterbringung. Im September 2021 lief mein Beschluss aus und ich wohnte im offenen Bereich des Wohnheims der Profile gGmbH. Kam allerdings nach 3 Wochen wieder in die Klinik mit Beschluss und somit wohnte ich dann anschließend wieder in der geschlossenen Unterbringung. Ich bin unfreiwillig, also gegen meinen Willen in das Wohnheim gezogen. Vorher habe ich in einer betreuten WG von Profile gGmbH gewohnt. Dort ging es mir nicht gut und Hilfe habe ich auch nicht die entsprechende bekommen. Davor lebte ich alleine in einer 2-Zimmer-Wohnung. Ich habe schon zwei eigene Haushalte gehabt. Diese gingen dann flöten, mit dem Einzug in die Profile gGmbH WG. Ich bin hochsensibel und jeder Mensch, der mit mir wohnt, ist Ballast für mich und meine Seele. Ich lebe hier in der GU mit 7 weiteren Personen auf engem Wohnraum und stehe permanent unter Stress und Reizüberflutung. Ich suche also ständig nur nach meiner Ruhe. Bekommen tue ich diese nur im Schlaf oder wenn ich mich mit Musik auf Kopfhörern betäube.
In der GU hat jede/r Klient/in sein eigenes Zimmer mit einem eigenen Bad. Es gibt einen mittelgroßen Raum für alle, in dem gekocht wird am Wochenende, gemeinsam gegessen, Fernseh geguckt. Das ist der Aufenthalts- und Essraum für alle 8 Klienten/innen. Sonst gibt es noch einen kleinen Garten. Uns wird immer des öfteren gesagt, wenn wir unsere Ruhe haben wollen, sollen wir auf unsere Zimmer gehen. Nur das diese hellhörige Türen haben. Wenn man ein Besteck, z. B. einen kleinen Löffel haben möchte, dann muss man sich von einem Betreuer die Schublade aufschließen lassen. In der Küche ist alles abgeschlossen, sogar die Kühlschränke. Es gibt feste Essenszeiten und zwischendurch kann man Obst oder Nüsse essen. Der Tagesablauf sieht wie folgt aus:
Montag
8:00-8:15 Uhr Medikamenteneinnahme
8:30-9:00 Uhr Frühstück
9:15 Uhr Organisationsgruppe
12:00-12:20 Uhr Mittagessen (für die erste Gruppe)
12:20-12:40 Uhr Mittagessen (für die zweite Gruppe)
18:00-18:30 Uhr Abendessen
19:00-19:15 Uhr Medikamenteneinnahme
22:30 Uhr Nachtruhe.
Der Tagesablauf ist für jeden Tag gleich, außer der Organisationsgruppe, die findet nur montags und freitags statt. Ansonsten habe ich einen individuellen Wochenplan gemeinsam mit meiner Bezugsbetreuerin erstellt. Da kann ich dann vormittags basteln oder kreatives Schreiben machen oder Mandala malen oder an der Gestaltung des Tages teilnehmen. Nachmittags habe ich auch was auf meinem Wochenplan, was ich machen kann, wie z.B. Zimmerreinigung. Der Wochenplan dient zur Tagesstruktur. Es gibt auch die Möglichkeit raus zu gehen. Dafür braucht man ein bestimmtes Ausgangslevel. Es gibt 10 Ausgangslevels insgesamt. Um ein höheres Ausgangslevel erreichen zu können, wird z. B. geguckt, wie oft ich in der Woche was vom Wochenplan gemacht habe, anhand einer Liste, die an den Wochenplan gekoppelt ist. Ich kann auch Level runterrutschen, indem ich in der Woche nur wenig oder gar nix mache. Das höchste Ausgangslevel ist das Level 10. Bei diesem Level darf man 2×3 Stunden täglich raus, am Wochenende von 10:00-18:00 Uhr raus, man kann auch nach Absprache mehr Ausgang bekommen und man darf bei seiner Familie übernachten.
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Interview mit dem Betreuer
Was für eine abgeschlossene Berufsausbildung haben Sie?
Staatlich anerkannter Heilerzieher.
Wie sehen Sie Ihre Stelle hier bei der Profile gGmbH an?
Sehr wichtig, da psychische Krankheiten immer mehr in der Gesellschaft vorkommen und sie kein Tabuthema mehr sind.
Wie stehen Sie zu den Klienten?
In einem professionellen Verhältnis. Immer im Austausch miteinander. Natürlich zählt auch dazu der gegenseitige Respekt. Mir ist eine positive Entwicklung, im Sinne von Resozialisierung sehr wichtig. Hiermit meine ich, dass unser Team darauf hinarbeitet die Klienten auf ein offenes Setting bzw. Wohnform vorzubereiten.
Wie sind Sie auf diesen Arbeitsplatz gestoßen?
Ich war vorher im Bereich mit geistig behinderten Menschen tätig und habe beruflich Veränderung gesucht und sie in der Arbeit mit psychisch kranken Menschen gefunden.
Was hat Sie davon überzeugt, dass Sie hier arbeiten wollten?
Die Arbeit an sich. Sie ist interessant, lastet mich aus und gibt mir immer neue Herausforderungen zu meistern.
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Interview mit Herrn H.
Warum hast du einen Beschluss für die GU bekommen?
Weil ich zu Hause nicht mehr so gut zurecht komme.
Warst du mit dem Beschluss einverstanden?
Nein, ich war mit dem Beschluss nicht einverstanden.
Bist du zufrieden mit deinem Alltag in der GU?
Ja.
Kannst du dir von hier was für dein Leben mitnehmen?
Ja, Ordnung.
Würdest du mit deiner Erfahrung in der GU sagen es hilft dir hier zu sein?
Ja.
Was würdest du an diesem Konzept zum Positiven ändern, wenn du die Möglichkeit dazu hättest?
Mehr Freiheit.
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Die Betreuer sind sehr darum bemüht, von menschlicher Seite betrachtet, die Klienten in ihren Zielen und Bedürfnissen zu unterstützen. Es wird manchmal von Seiten der Betreuer gesagt, dass diese GU noch harmlos wäre im Gegensatz zu anderen GU’s. Da kann ich zustimmen, da ich mir schon mal eine andere GU angeguckt habe und dort habe ich mich keineswegs wohl gefühlt. Die Profile gGmbH sind die ersten bundesweit, die so arbeiten, dass nach den Klienten und deren Bedürfnissen sehr genau geschaut wird. Das Konzept hier ist anders als in den anderen GU’s. Hier vergisst man nicht, dass man noch Mensch ist.
Liebe Grüße von Frau T.